Über die Lokalbahn Pasing/Herrsching (heute S8)
Vermutlich war der Bau der Eisenbahnstrecke für die Entwicklung von Wörthsee von ähnlich großer Bedeutung wie der Beginn des Fremdenverkehrs mit der Sommerfrische. Bis jedoch am 30. Juni 1903 der erste Zug am Bahnhof Steinebach Halt machte, verging eine lange Zeit der Planung, die schon fast mit heutigen Genehmigungsverfahren mithalten kann.
Der Streckenverlauf
Dem Baubeginn der Strecke ging ein langer Streit über den Verlauf der Strecke voraus. Zur Wahl standen zunächst die Linien München-Herrsching mit einem Bahnhof Steinebach und die Strecke München -Stegen mit dem Bahnhof Walchstadt. Auch als die Strecke schon bis nach Weßling fertig gebaut war, war man sich noch nicht über den weiteren Streckenverlauf bis Hechendorf einig. Das Ergebnis kennen wir heute: Der Bahnhof wurde zwischen den Ortsteilen Auing und Steinebach gebaut. Beide Orte hatten schon damals eine Gaststätte, in Auing standen damals 10 Häuser, während Steinebach deren 22 und eine Kirche aufweisen konnte.
Vom Bau bis zur Eröffnung
Im Jahr 1902 wurde es ernst: Der Durchstich der Meilinger Höhe zwischen Weßling und Steinebach begann. Für die zusätzlich angeworbenen 200 Arbeiter mussten teils Notquartiere errichtet werden. Beim Bau muss ein fast babylonisches Sprachengewirr geherrscht haben – trafen sich doch Bauarbeiter aus Italien, Kroatien, Schwaben und natürlich Bayern.
Trotzdem ging es schnell voraf und so konnte am 1. Juli 1903 die Fertigstellung und Eröffnung der Bahnlinie mit einem Festakt gefeiert werden. Auf der damals eingleisigen Strecke verkehrten täglich drei Zugpaare, die in den Sommermonaten noch um einen Badezug erweitert wurden. Dazu kamen dann noch Güterzüge. Von Anfang an war die Strecke vor allem im Sommer hoffnungslos überlastet . So befuhren im Jahr 1903 bereits 126.275 Fahrgäste die neue Bahnstrecke, damit war die Strecke Pasing-Herrsching die meistbefahrene aller damaligen 105 Lokalbahnstrecken. Schnell wurde deshalb die Gleisanlage im Bahnhofsbereich ausgebaut. Die neuen Weichen wurden nicht mehr von Hand umgelegt, sondern über Drahtseile und ein mechanisches Stellwerk „fernbedient“. Diese Anlage hatte 60 Jahre lang Bestand.
Aufschwung und Abschwung
Wegen des hohen Verkehrsaufkommens wurde die Strecke bereits 1925 elektrifiziert. So konnten mehr und längere Züge fahren.
Wegen des starken Wachstums von Steinebach und den vielen Berufspendlern begannen bereits 1959 die Planungen zur Umwandlung in eine S-Bahnstrecke. Trotzdem wurde Anfang der 60er Jahre wegen des beginnenden Individualverkehrs (Kfz) mit den heute an „Badetagen“ einhergehenden Parkplatzproblemen das dritte Gleis abgebaut.
Die S-Bahn kommt, der Bahnhof geht
1971 erfolgte der S-Bahn-gerechte Umbau des Bahnhofs. Um den Einstieg zu ermöglichen war der Bau eines Mittelbahnsteiges mit der zugehörigen Unterführung erforderlich geworden. In den 80er Jahren erfolgte der behindertengerechte Umbau mit dem Zuschütten der Unterführung. Da die Strecke mittlerweile zwischen Weßling und Hechendorf nur noch eingleisig war wurde auch das Stellwerk abgebaut. Am 1. Juli 1987 folgte die Schließung des Bahnhofes. Seither ist Steinebach nur noch S-Bahn-Haltepunkt.
Der Bahnhofsschließung folgte der Verfall des Gebäudes mit der zwischenzeitlichen Unterbringung von Asylbewerbern (1989) bis der Bahnhof schließlich verkauft wurde. Nachdem die Gemeinde keine Mittel aufbringen konnte, um das Vorkaufsrecht für das Bahnhofsgebäude auszuüben, kam es 1991 zum Verkauf und Umbau. Es folgten die Kulturkneipe „Warteraum“ und ein Kiosk im ehemaligen Stellwerk. Seit 1997 beherbergt das Bahnhofsgebäude die Kultur-Kneipe „Steinebacher“ mit regelmäßigen Live-Events.
Das 100-jährige Jubiläum
Am 29. Juni 2003 wurde mit großem Bahnhof das 100 -jährige Jubiläum der Lokalbahn gefeiert.
Wenige Tage nachdem auf der S-Bahnstrecke neue Züge in Betrieb genommen worden waren, fanden auf allen Bahnhöfen zwischen Pasing und Herrsching Feiern mit einem reichhaltigen Festprogramm statt. Zwischendurch konnte die Strecke mit historischen Zügen befahren werden.
Höhepunkt in Wörthsee war bei strahlendem Sonnenschein das unter Federführung des Arbeitskreises Heimatgeschichte organisierte Bahnhofsfest in Steinebach mit einemabwechslungsreichen Programm von 10.00 Uhr bis 22.00 Uhr.
[ Fotos vom Jubiläum ]
Blick in die Zukunft
Ein kleiner Blick in die Zukunft: Bereits heute besteigen viele Wörthseer den Zug nach München nicht in Steinebach, sondern fahren mit dem Kfz zum Bahnhof in Weßling. Der Grund liegt in der Tarifstruktur und in der Tatsache, dass viele Züge in Weßling Halt machen, wo die Gäste 20 Minuten warten, um erst dann die Fahrt nach Steinebach fortzusetzen. Dies hat zur Folge, dass Fahrgastzählungen viele Weßlinger und wenige Steinebacher S-Bahn-Nutzer ergeben. Daraus wiederum zieht die DB die Konsequenz, dass die Verkürzung des S-Bahntaktes auf 10 Minuten in Weßling endet, was schließlich noch mehr Wörthseer dazu bewegen wird, zum Bahnhof Weßling zu fahren – dieses nennt man Logik. Dies hat zwar nichts mit Geschichte zu tun, außer der Tatsache, dass man aus Geschichte lernen sollte. (Vielleicht auch bevor sie Geschichte wird).
Wesentlich mehr über die Entwicklung “Vom Bahnhof zum S-Bahn-Haltepunkt” können Sie in der gleichnamigen Broschüre des Arbeitskreises Heimatgeschichte nachlesen, die in der Gemeindeverwaltung erworben werden kann. Dieser spannenden und informativen Broschüre sind auch die obenstehenden Informationen und Bilder entnommen, dafür nochmals vielen Dank an die Autorin – Frau Barbara Pexa.