Waldbrunn

Nachstehend finden sie die von Frau Bärbel Marsen anlässlich des 50jährigen Jubiläums zusammengetragene Historie Waldbrunns

Geschichte der Hörndl-Siedlung und der Siedlung Waldbrunn

aufgezeichnet nach Interviews mit Otto Tippelt am 29.12.200, Gertrud Klein am 05.01.2001, Max Faber am 06.01.2001, Eduard Bayer am 08.01.2001 u. f.

Im Jahr 1941 hatte Sylvester Hörndl von Graf Toerring ein sieben Tagwerk großes Grundstück gekauft, das mit Fichten und Buchen bewachsen war. Laut Kaufvertrag vom 7. September 1943 wurden von ihm die ersten Grundstücke der sog. Hörndl-Siedlung an folgende Personen weiter verkauft:
Max und Rosalie Faber, Martin und Ursula Gabler, Alfred und Katharina Liebl, August und Hermine Brugger, David und Barbara Streicher (jetzt Philip), Josef und Christine Obermeier (jetzt Klein), Benno Finsterwalder (seit 1950 Dietl), Georg/eigentlich hieß er Gregor) Gschwandtner (jetzt Rempsberger) und Georg Wißmiller (jetzt Wischnewski).
Die ersten zwei Häuser der Hörndl-Siedlung an der Sylvester-Hörndl-Straße wurden während des zweiten Weltkrieges gebaut. Die Bewohner waren die Familien Max Faber und Martin Gabler, Sie hatten eigene Brunnen mit Handbetrieb und eine Versitzgrube, am Anfang aber noch keinen Stromanschluss. Erst im Jahr 1947 wurden die elektrischen Leitungen verlegt und das Leben etwas komfortabler. Nach dem Krieg wohnten dort auch Georg Gschwandtner Alois Dietl, Alfred Liebl und Arno Wischnewski. die Männer waren Arbeiter der Firma Sylvester Hörndl. Sie hatten den Baugrund zum Preis von 46 Reichspfennig pro Quadratmeter von ihrem Chef gekauft, der sie damit an seine Firma binden wollte. Noch heute sind die Häuser zumeist von den damaligen Besitzern oder deren Nachkommen bewohnt.
Die erste Planung für die Hörndl-Siedlung, die Herr August Brugger angefertigt hatte, wurde von München nicht genehmigt. Allerdings wurde von höherer Stelle angeordnet, dass kein Grundstück von der Staatsstraße aus erschlossen werden durfte und der Abstand der Häuser zu Straße mindestens 35 Meter betragen musste. Der Plan für die Ansiedlung Neu-Etterschlag wurde am 29. Januar 1950 von Herrn Alfred Wenzel an die Bayerische Landessiedlung übergeben. Im Dezember 1950 wurde ein abgeänderter Plan unter der Bezeichnung Siedlung “Waldbrunn”, Gemeinde Etterschlag übergeben. In dieser Zeit muss also der Name der Siedlung entstanden sein.
Im Jahr 1946 waren die ersten Vertriebenen aus dem Sudetenland in die damalige Gemeinde Etterschlag gekommen. Sie waren zunächst in Notunterkünften untergebracht bei Einheimischen, zu denen sie eingewiesen wurden. Im Vollzug des Gesetzes vom 25. November 1946 zur Beschaffung von Siedlungsland und zur Bodenreform sollten sie in “Neu-Etterschlag” eine neue Heimat finden. So begannen sie 1950 unter der Federführung der Bayerischen Landessiedlung GmbH mit dem Bau von Eigenheimen auf einemehemaligen Waldgrundstück, das dem Grafen Toerring gehört hatte. In mühsamer Arbeit musste der Buchenwald gerodet und die Wurzelstöcke herausgesprengt oder von Hand ausgegraben werden.

Außer den Einheimischen Willi Gebhard, Michael Hörger und Franz Lehner waren nur Heimatvertriebene an dem Siedlungsprojekt Waldbrunn beteiligt. Die Planung, Zuteilung und Überwachung hatte Herr Alfred Wenzel, der sich in Schluisee selbst ein Haus baute. Das Baumaterial wurde für alle gleichzeitig von der Bayerischen Landessiedlung gestellt und zwar immer nur das, was unmittelbar gebraucht wurde, um Missbrauch zu verhindern. Es musste noch viel Baumaterial dazugekauft werden. (Ein Zentner Zement kostete damals DM 3,50 – 3,80). Der Baubrunnen, der von den Siedlern gegraben wurde, lag auf dem Grundstück Bayer. Die insgesamt 17 Häuser waren im Jahr 1952 fertig.

Auf Grund der damals vorhandenen Wohnungsnot bezogen die ersten Siedler ihre Häuser um die Weihnachtszeit 1950 ohne Fußböden und ohne Strom. Das Wasser musste noch vom Baubrunnen entnommen werden. Die zentrale Wasserversorgung durch einen neuen Brunnen, der beim Grundstück Haus Nr. 2 (Köhler) lag, wurde im Jahr 1951 errichtet. An die elektrische Stromversorgung durch die Isar-Amper-Werke wurde Waldbrunn ebenfalls 1951 angeschlossen.
Nach der Fertigstellung der Häuser wohnten darin nicht nur die Familienangehörigen der Erbauer, sondern es mussten auch Wohnungssuchende aufgenommen werden, die vom Wohnungsamt eingewiesen worden waren. Nach der Volkszählung am 13.09.1950 setzte sich die Bevölkerung zusammen aus 706 Einheimischen und 320 Flüchtlingen.

In der Siedlung gab es auch Geschäfte:
Herr Gebhard, der aus München gekommen war, hatte in Waldbrunn 11 von 1951 bis 1987 ein kleines Lebensmittelgeschäft, das zuletzt seine Frau weiterführte.
Im jetzigen Haus Gritscheneder – Waldbrunn 1 – hatte Frau Kirsch, später Frau Narr, einen Laden für Haushaltswaren und Elektroartikel.
Herr Brugger, der unter Herrn Raith in der Anhängerfirma Hörndl als Meister gearbeitet hatte, wurde 1950 von Herrn Wirth nicht übernommen, da er überqualifiziert war. Er eröffnete 1950 in Waldbrunn 20 ein Installations- und Spengerlergeschäft und fertigte Gartentore, Treppen- und Balkongeländer aus Schmiedeeisen. Anfangs baute er auch noch selbst Anhänger u. a. für die Krone-Farm.
Die Familie Otto Gokorsch eröffnete 1951 in Waldbrunn 12 eine Metzgerei, in der der bis 1972 Schweine und Kälber schlachtete.
Herr Eduard Bayer machte sich 1964 in Waldbrunn 10 als Raumausstatter selbständig und baute allmählich sein Geschäft aus. 1993 übergab er es seinem Sohn Wolfgang, seitdem heißt die Firma Raumausstattung Bayer GmbH.

Im Jahr 1958 konnten die Häuser von der Bayerischen Landessiedlung GmbH käuflich erworben werden. Die Eigenleistung wurde beim Kaufpreis berücksichtigt.
Die ersten Bewerber der Splittersiedlung Schluisee, genannt “Moosiedlung”, waren die Familien Ulrich, Stöhr, Seebauer, Huber und Wenzel. Die “Schluisiedlerschaft” hatte große Pläne: Herr Alfred Wenzel schickte am 11. November 1949 einen ausführlichen Bericht an die Bayerische Landessiedlung in München, wo er von einem Moor- und Strandbad mit Gastwirtschaft am Schluisee, Anbau von Arzneikulturen (vor allem Sonnentau), einer Gänsezucht, einer Pelztier-, Fisch- und Pilzzucht, eines Spiel- und Sportplatzes und vielem mehr schwärmt. Von all diesen Plänen sind noch die Gärtnerei Röder und mehrere Wohnhäuser erhalten. Herr Wenzel, der 1951 noch Vorsitzender der “Schulbaugesellschaft Etterschlag” war, (es ging damals um den Anbau an das alte Schulhaus) hatte immer mit größeren Problemen als “geschäftsführender Obmann und Bauleiter” zu kämpfen. Im Jahr 1953 verzog er mit seinen vier Töchtern ohne Abmeldung in die damalige Ostzone…

Im Jahr 1950 ging die Firma Hörndl von Herrn Xaver Raith an Herrn Josef Wirth über. Er ließ im Jahr 1954 für seine Arbeitskräfte aus Niederbayern drei Häuser am Joachim -Königbauer-Weg bauen (die jetzigen Häuser Tippelt, Wittenberger/Zechmann und Schmidt). Der Brunnen für diese drei Häuser befand sich im Haus Tippelt. Die Familie Tippelt wohnte in dieser Zeit aber noch in der sogenannten Kantine der Firma Hörndl – zusammen mit anderen Familien und Einzelpersonen, die auf die Zusammenführung mit ihren Familienangehörigen warteten. (Alois Höll, Michael Hörger, Hans Nawrath, Heiss in der sog. Junggesellenbude)
Im Jahr 1961 zog die Familie Michael Tippelt in das jetzige Haus, das er zusammen mit seinem Sohn Otto kaufen konnte. Oben im Haus wohnte noch einige Zeit Herr Janker in der Werkswohnung. Außer ihnen kaufte auch die Familie Alfons Schinharl das Haus von Herrn Wirth.

17.4.2001, Bärbel Marsen